
Bärbel Böttcher, 54 Jahre alt, Alleinstehende, lebt mit ihrer Mischlingshündin Frieda und etlichen ausgestopften Tieren zurückgezogen, und so lange man sie in Ruhe lässt, zufrieden ihr Leben. Bärbel ist Tierpräparatorin, es haftet immer ein etwas eigener, manche würden wohl sagen ein ekelerregender Geruch an ihr, den ihre Arbeit nun mal mit sich bringt. Bärbel ist bei einem Morgenspaziergang mit Frieda etwas Sagenhaftes begegnet, ganz plötzlich lag es vor ihnen, das immer gesuchte, perfekte Stöckchen, es ist nicht einfach, dieses zu finden. Frieda wedelte in erwartungsvoller Vorfreude wie verrückt mit ihrem Schwanz und Bärbel hätte so gerne dieses perfekte Stöckchen für Frieda geworfen. Dumm nur, das Stöckchen steckte im Auge eines offensichtlich toten Mannes und da Bärbel befürchtete, man könnte ihr Tun als falsch einstufen, griff sie doch nach dem Handy und rief die Polizei. Bärbel bereute ihren Entscheid, sie und Frieda verbrachten eine lange Zeit auf dem Polizeiposten und Bärbel empfand die Abneigung der Beamten ihr gegenüber, sie hatte den Mann schliesslich nicht ermordet, gut, vielleicht hatte sie den Zeitpunkt verfehlt, als sie darum gebeten hat, Anspruch auf das Stöckchen anmelden zu dürfen, sobald dieses nicht mehr gebraucht würde. Müde wollte Bärbel schliesslich mit Frieda heimlaufen, der Metzger hatte schon zu, sie würde eben ein Tatar aus dem Tiefkühler essen müssen und dazu wie immer ihre geliebte Tasse heisse Milch mit Anislikör darin trinken, dazu kurz die Nachrichten im TV gucken und dann ihren Lieblingskanal. Bärbel liebte es, zur Entspannung Verkaufssendungen anzusehen. Aber oh Schreck, ein aufdringlicher Typ stellt sich ihnen in den Weg, er wedelt mit einem Mikrofon vor Bärbels Gesicht herum und Frieda tut es ihm fröhlich gleich mit ihrem Schwanz. Bärbel wird immer stinksauer auf Friedas Menschenfreundlichkeit, diesbezüglich passt diese Hündin so gar nicht zu ihr, wenn sich Frieda nicht bessert, wird sie ihr den Schwanz kupieren. Da Bärbel aber erkennt, dass sie nicht loskommt aus der Situation, ohne dem Reporter Auskunft zu geben, tut sie dies dann eben kurz und bündig. Abends schreckt Bärbel hoch aus ihrem Stuhl, doch ein Kontrollblick in den Spiegel bestätigt ihre Befürchtung, das war sie soeben in den Nachrichten, das darf ja nicht wahr sein und es kommt noch schlimmer, es klingelt an ihrer Tür. Vor der Tür und bald schon drin in ihrem Heim, steht ein schlankes, geschminktes, junges Weibsbild, was nimmt die sich da raus, die muss schnell wieder verschwinden, findet Bärbel und hat den Namen der angeblichen Frau des Toten schon wieder vergessen. Bärbel hat es eh mehr mit den Tieren und tauft die Dame daher auf den Namen Bambi. Bambi aber wird rabiat, überwältigt Bärbel mit einem Elektroschocker, während die dumme Frieda freundlich wedelt, dieses Tier ist wirklich zu nichts nütze. Was soll das, denkt sich Bärbel, aber sie hat da auch schon so eine Ahnung. Bambi aber, das arme Ding, hat ja keine Ahnung, mit einer Bärbel Böttcher sollte man sich nicht anlegen, ganz sicher nicht.
Fazit: Schräg, schräger, Bärbel!
Marie Reiners hat bislang viel geschrieben, fürs Fernsehen, so auch die Erfolgsserie “Mord mit Aussicht” und nun hat sie ihren ersten Roman geschrieben und damit bei mir einen Volltreffer gelandet. Bärbel ist eine absolute Kultfigur, doch, so viel sei noch verraten, sie bleibt weitaus nicht die einzige solche in diesem herrlich schrägen und komischen Roman. Wissen Sie, was ein “MAMIL” ist, Bärbel erklärt dieses Akronym, es steht für “Middle aged men in lycra”, zu deutsch, “mittelalte Männer in Lycra”, sie häufen sich besonders in milden Jahreszeiten, um körperlichen Ertüchtigungen in der Natur nachzugehen. Und nun ist eben Bärbel ausgerechnet ein totes “MAMIL” begegnet, somit ist dieser hinreissende Roman auch ein Krimi. Selten habe ich so gelacht und mich so köstlich amüsiert beim Lesen, ich liebe solche Geschichten, besonders in der Adventszeit setzt Bärbel einen Kontrapunkt zum Heiligenschein und erreicht bei mir sowieso eine Höchstpunktzahl. Möge Frau Reiners doch bitte, bitte bald weitere Bücher schreiben!
Meine Wertung: 9/10
Marie Reiners / Frauen, die Bärbel heissen
Verlag: Fischer, Seiten: 368
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